Bulgarische Post: Ein „DMCA“-Mail von einer Gmail-Adresse (also quasi-anonym), zwei Fotos eines bulgarischen Ausweises und die Forderung, unseren kritischen Bericht zu löschen – das ist die Kurzfassung einer jüngsten Nachricht, die uns im Postfach landete. Klingt seriös? Eher nicht. Wiener Zocker nimmt Urheberrecht ernst, aber wir lassen uns nicht von fragwürdigen Beschwerden einschüchtern.
Worum ging’s in der Mail?
Ein Absender, der sich als Stoyan Staykov ,a/k/a Stoyan Staikov, bezeichnet, behauptet eine Urheberrechtsverletzung durch unseren Artikel
„Staykov: ein forensischer Tiefenblick in ein transnationales Geflecht in Wien“.
Genaue Angaben dazu, welcher Text, welches Bild oder welches Werk konkret verletzt sein soll? Fehlanzeige. Stattdessen: eine allgemeine Löschforderung – und als „Verifikation seiner Identität“ der Scan eines Personalausweises (Vorder- und Rückseite). Ausgerechnet.
Kurze Erinnerung: Für eine DMCA-Beschwerde braucht man keine Ausweisfotos. Man braucht Fakten.
Was eine gültige DMCA-Notice enthalten muss
Damit wir Inhalte rechtlich prüfen und – falls nötig – offline nehmen, verlangt §512(c)(3) DMCA u. a.:
- Identifikation des urheberrechtlich geschützten Werks (Titel, Autor, Veröffentlichungsdatum).
- Exakte Bezeichnung des vermeintlich rechtsverletzenden Materials auf unserer Seite (exakte URL + Textstelle/Abschnitt oder Bild).
- Nachweis der Rechteinhaberschaft oder eine klare Erklärung der Berechtigung.
- Kontaktangaben (Adresse, Telefon, E-Mail).
- Zwei gesetzliche Erklärungen (Glaubenserklärung + eidesstattliche Versicherung).
- Elektronische Signatur (vollständiger Name genügt).
Die vorliegende Beschwerde liefert keine dieser präzisen Angaben. Sie ist daher formell und materiell unzureichend.
Unser Umgang mit solchen Beschwerden
- Transparenz & Sorgfalt: Wir veröffentlichen investigativ – und achten auf Urheberrecht und Dokumentation. Bei korrekter DMCA-Notice prüfen wir zügig.
- Kein PII-Zirkus: Staatsbürger-ID-Scans sind sensibel und nicht erforderlich. Wir speichern solche Daten nicht länger als nötig und veröffentlichen sie nicht.
- Kein Druckmittel: Allgemeine Löschaufforderungen ohne konkrete Rechtsgrundlage bleiben ohne Wirkung.
Warum wir den Artikel nicht löschen
Der behauptete Anspruch benennt weder ein konkretes Werk noch konkrete Passagen. Damit fehlt die Grundlage, um eine Urheberrechtsverletzung auch nur zu prüfen. Unser Artikel bleibt daher online.
Gleichzeitig gilt: Wer substanzielle Hinweise (Fakten, Primärdokumente, belegbare Fehler) hat, wird gehört – und Korrekturen nehmen wir bei Bedarf vor.
Offene Fragen an den Beschwerdeführer
- Welches Originalwerk soll betroffen sein – Text, Foto, Grafik?
- Welche Passage, welches Bild in unserem Beitrag verletzt die Rechte – und wo genau auf der Seite?
- Wer ist Rechteinhaber und worauf stützt sich die Inhaberschaft?
- Warum werden statt belastbarer Angaben Ausweisfotos verschickt?
Wir haben dem Absender eine formelle Rückfrage mit diesen Punkten geschickt. Ohne belastbare Antworten bleibt es bei: keine DMCA-Notice, kein Takedown.
Unser Grundsatz
Wiener Zocker berichtet kritisch, faktenbasiert und rechtskonform. Wir lassen uns weder einschüchtern noch zu Schnelllöschungen drängen. Wer eine Urheberrechtsverletzung geltend macht, soll sie konkret benennen – dann prüfen wir. Wer stattdessen mit ausufernden Identitätsnachweisen wedelt, beantwortet vor allem eine Frage: Warum fehlen die Fakten?
Hinweis an Leser:innen & Insider
Haben Sie Belege (Verträge, E-Mails, Zahlungsnachweise, Bildlizenzen) oder korrigierende Fakten zu den inhaltlichen Punkten? Schreiben Sie uns – gern auch vertraulich – über unsere üblichen Kanäle. Seriöse Hinweise helfen, die Öffentlichkeit korrekt zu informieren und Druckversuche sichtbar zu machen. Unsere Email: office@wienerzocker.com.


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