Wer ist Temel Tütüncü wirklich – und was wissen wir (noch) nicht?
Von der Redaktion „Wiener Zocker“ – 5. Juli 2025
Ein Wiener Fast-Food-König mit vielen Hüten
Kent-Schnitzelbox, Dönermeister-Flagship-Stores, Franchise-Filialen im Wochentakt – Temel Tütüncü gilt als Self-made-Gastrostar. Doch stimmt das Bild vom bodenständigen Unternehmer, der einfach nur guten Döner liefern will? Oder steckt hinter der glänzenden Fassade ein Netz aus Politik, Bargeld und Briefkästen?
Das Gerücht, das keiner verifizieren kann
Ende Juni kursierte in Balkan-Telegram-Kanälen folgende Behauptung: „Temel Tütüncü wurde verhaftet.“ Österreichische Ermittler? Schweigen. Türkische Behörden? Ebenfalls keine offizielle Bestätigung. Warum also das Gerücht – und wem nützt es?
Der 107-seitige Akt aus Istanbul
Am 27. Juni veröffentlichte die regierungsnahe türkische Zeitung Yeni Şafak einen Bericht, in dem von Hotelinvestments in Wien, mutmaßlichen Geldtransfers über Kent-Kassen und sogar einem Haftbefehl gegen die Brüder Tütüncü die Rede ist. Brisanter Beifang: Als angebliche Partner werden Oppositionspolitiker Ekrem İmamoğlu und sein Vertrauter Ertan Yıldız genannt – unüblich harsche Vorwürfe in einem pro-AKP-Medium. Politische Retourkutsche oder echter Skandalstoff?
Der türkische Artikel beschreibt Korruption und angebliche Geldwäsche über die Restaurantkette Kent und Wien im Umfeld von İmamoğlu. Die Zeitung gilt als regierungsnahe daher muss man diesen auch kritisch betrachten.
Fleischskandal, Immobilien, Layering – Zufall oder System?
- Illegale Fleischerei in Favoriten: Kent-Vertreter standen bei der Krisen-PK vorne, obwohl es keinen offiziellen Vorwurf gegen das Unternehmen gibt. Warum diese Medienshow?
- Barkäufe & Briefkästen: Firmen rund um Tütüncü tauchen in Grundbuch-Akten auf, teils mit hohen Cash-Anzahlungen. Ein Geldwäsche-Experte spricht von „klassischem Layering“.
- Politisches Türmspringen: Fotos zeigen Tütüncü neben SPÖ-Mandataren ebenso wie bei AKP-nahen Events. Ist das nur Networking – oder strategische Rückversicherung?
Was spricht für, was gegen die Vorwürfe?
| Baustein | Belastend? | Entlastend? |
|---|---|---|
| Yeni-Şafak-Artikel & „Haftbefehl“ | Ermittlungsakt soll existieren | Keine Bestätigung durch Wiener Behörden |
| Verdächtige Immobilienzahlungen | Pattern erinnert an „Layering“ | Bargeschäfte sind im Gastro-Milieu nicht unüblich |
| Politische Kontakte | Netzwerke können Einfluss sichern | Kein Beweis für strafbare Absprachen |
| Fleischerei-Affäre | Kent öffentlich präsent | Keine offizielle Beschuldigung |
Offene Fragen, die wir weiterhin stellen
- Gibt es tatsächlich einen internationalen Haftbefehl? Interpol-Datenbanken schweigen bislang.
- Woher stammen die Cash-Reserven für Immobiliendeals?
- Welche Rolle spielt die türkische Innenpolitik? Geht es am Ende mehr um İmamoğlu als um Döner?
- Warum treten österreichische Behörden so leise auf? Ermittlungen oder schlicht nichts dran?
Fazit – vieles mehr Smoke als Fire, doch der Rauch bleibt

Die Erfolgsgeschichte der Kent-Lokale ist real. Genau wie die Gerüchtewolke, die inzwischen darüber hängt. Beweise für strafbares Verhalten? Fehlanzeige – zumindest öffentlich. Trotzdem stapelt sich genug Indizienmaterial, dass eine gründliche Überprüfung im Interesse aller liegt: der Konsumenten, der Finanz, und ja – vielleicht auch der ehrlichen Döner-Konkurrenz.
Wir bleiben dran. Hinweise vertraulich an office@wienerzocker.com.
Transparenzhinweis
Dieser Beitrag basiert auf öffentlich zugänglichen Quellen, Firmen- und Grundbuchauszügen, Gesprächen mit anonymen Hinweisgebern sowie der Yeni-Şafak-Publikation. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und enthält keine abschließenden strafrechtlichen Feststellungen. Betroffene erhalten jederzeit das Recht auf Stellungnahme.


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