„Wo sind die Vorstände, Aufsichtsräte und Wirtschaftsprüfer“? Diese eindringliche Frage stellt Wolfgang Peschorn, Chef der Finanzprokuratur, angesichts der Signa-Pleite, die eine Vertrauenskrise im Immobiliensektor und darüber hinaus ausgelöst hat. Doch diese Frage greift viel zu kurz. Signa war nur der sichtbare Teil eines Eisberges der das schockierende systemische Versagen der Banken im Umfeld der Immobilien-Zocker demonstriert. In diesem Kontext drängt sich die Frage auf wie das Risikomanagement der involvierten Banken bei den Immobilien-Zockern so kläglich versagen konnte?
Das Kompetenzproblem und systemisches Versagen
Wolfgang Peschorn hat vob einem systemischen Versagen im Umgang mit Immobilienfinanzierungen gesprochen, das nicht nur auf Signa beschränkt wäre. Er weist dabei auf auf die Rolle der finanzierenden Banken hin und stellt fest, dass bei Signa, außer beim Schweizer Bankhaus Julius Bär noch wenig von der Verantwortungsübernahme zu sehen wäre. Dabei zeigt der Kriminalfall rund um die Familien Neugebauer und Voithofer das Versagen der Banken noch viel deutlicher als die schillernde Signa Causa.
Die Untersuchungen der WKStA haben einen unglaublichen Sumpf an seltsamen Immobilien-Finanzierungen im Umfeld der Familien Neugebauer und Voithofer aufgedeckt. Besonders tief in diese Kiste hineingegriffen hat die Raiffeisengruppe die laut den Ermittlungen der WKStA offenbar systematisch beraubt wurde.
Im Zuge des zuletzt eröffneten Konkurses von Lukas Neugbauer haben Banken rund €90 Millionen und das Finanzamt €4 Millionen angemeldet.
18 Raiffeisen-Institute haben im Neugebauer-Konkurs zusammen rund €42 Millionen angemeldet:
- Die Raiffeisen Bausparkasse und die Raiffeisenlandesbank (RLB) Steiermark scheinen mit €8 Millionen auf;
- die Raiffeisenbank Schallaburg mit mehr als €8 Millionen.
- die RLB Kärnten mit €5 Millionen;
- die Raiffeisenbank Attersee mit 5,4 Millionen;
- bei Raiffeisen Amstetten um rund 6,5 Millionen;
- Die Raiffeisenbank Mittleres Mostviertel €2 Millionen;
Die Dornbirner Sparkasse hat mit 9,45 Millionen auch kräftig in Neugebauer investiert. Ebenso die Hypo Tirol mit €2,3 Millionen oder die Volksbank NÖ mit €6,5 Millionen. Daneben neben sich die € 3 Millionen der Bank Austria bescheiden aus.
Erschreckend hohe Summen für relativ kleine Banken. Dabei ist der Schaden noch deutliche höher. Bei den oben angeführten Summen handelt es sich um persönliche Haftungen von Neugebauer für Kredite. Die Summe der tatsächlich vergebenen Kredite für die Transaktionen der Familie Neugebauer und deren Firmen waren viel höher. Die WKStA hat viele dieser Transaktionen als Scheingeschäfte bezeichnet.
Der Bericht der WKStA über den systematischen „Raubzug“ bei der Raiffeisen Attersee-Süd liest sich beispielsweise wie ein Auszug aus einem Thriller von John Grisham. Die Raiffeisenbank Flachgau Mitte musste in Folge des Kreditausfalls in Millionenhöhe sogar vom Salzburger Raiffeisenverband gerettet werden.
Unter Mitwirkung von zwei Rechtsanwälten die als Treuhänder agierten, geht es im Strafverfahren auch um nicht eingetragene oder nicht korrekt abgewickelte Treuhandschaften .
Erkenntnisse der WKStA herunterladen.
Offensichtlich haben die Banken über Jahre hinweg leichtfertig Kredite an Immobilien-Zocker wie die Familien Neugebauer und Voithofer vergeben. Die Folge dieses Wirkens waren auch überhöhte Immobilien-Werte die künstlich durch diese Spekulationen hinaufgeschraubt wurden. Die Zeche zahlen jetzt die Privatpersonen die sich eine Immobilie kaufen wollen. Durch überhöhte Preise und die zwangsweise verschärfte Kreditvergabe und Eigenmittelanforderungen ist eine Anschaffung bzw. Finanzierung schwierig geworden.
Banken als Beitragstäter
Die resultierende Hypothese: Banken sind nicht Opfer, sondern aktive Beitragstäter beim Entstehen dieser Vertrauenskrise. Jeder halbwegs fähige Bankmanager hätte im Zuge der Kreditprüfung die meisten Tatbestände die nun von der Staatsanwaltschaft aufgezeigt werden vorab erkennen müssen. Die Fakten sind erschreckend einfach. Nach eingetretenem Schaden laut „Betrug“ zu rufen, entschuldigt nicht das eigene Versagen, das den Betrug erst ermöglichte.
Wer beispielsweise die im März 2024 eingebrachte Strafanzeige der Volksbank NÖ gegen Lukas Neugebauer und seinem Treuhänder Gerald Göllner und die damit zusammenhängenden Aktenbestandteile studiert, stellt fest, dass
- der Bank der In-Sich-Geschäft-Charakter der inkriminierten Transaktion im Oktober 2020 bestens bekannt war;
- der zunächst eher laxe Umgang mit vertragswidrig nicht eingetragenen Pfandrechten erstaunlich war.
- hohe Barabhebungen von Neugebauer für die angebliche Barzahlung von Löhnen ohne Probleme oder Geldwäsche-Verdachtsmeldungen durchgeführt werden konnten.
Auch die Wiener Rechtsanwaltskammer hat in ihrer Anzeige ein erschreckendes Sittenbild über Geldwäsche, schweren Betrug und Untreue geliefert. Es ist schwer zu verstehen, wie die Banken über viele Jahre bereitwillig daran mitgewirkt haben.
Auch bei einem Geschäftspartner von Neugebauer, dem Wiener Immobilien-Spekulanten Thomas Wagenhofer, haben die hohen Barbehebungen die Sparkasse Korneuburg nicht irritiert. Normale Privatpersonen hingegen bekommen mit Banken Probleme, wenn sie mehrere tausende Euro Bar-Transaktionen durchführen wollen. Wagenhofer und der ehemalige Raiffaisen Manager Günter Gabriel waren auch Geschäftspartner der Familie Neugebauer. Gabriel war zuvor als Manager bei der Raiffeisenlandesbank Burgenland zuständig für die Vergabe von Krediten an die Firmen von Wagenhofer. So funktionieren die Geschäfte eben.
Es stellt sich hier nur die Frage ob es Unfähigkeit oder (bedingter) Vorsatz der involvierten Bankmitarbeiter war. In einigen Fällen trifft sicher letzteres zu, wenn wir die Berichte unserer Whistlelblower lesen. Man wird sehen wie die Staatsanwaltschaft mit der sensiblen Frage der strafrechtlichen Verantwortung der Banken umgeht.
Um das Vertrauen im Bankensektor wiederherzustellen, müssen Banken, Versicherungen und deren Risikomanagement intensiv überprüft und zur Verantwortung gezogen werden. Regulierungsbehörden sollten einen genaueren Blick auf die internen Kontrollmechanismen werfen und sicherstellen, dass Fehlverhalten, das zu dieser Vertrauenskrise beigetragen hat, konsequent geahndet wird.
Bitte um Information:
Wir rufen Insider auf, sich zu melden und Informationen über mögliche systemische Mängel in den Banken und deren Umgang mit risikoreichen Immobilienentwicklungen bereitzustellen. Sie können Informationen anonym per Kommentar oder per Email an office@wienerzocker.com übermitteln. Alternativ können Sie uns auch über das affiliierte Whistleblowersystem Whistle42 Informationen anonym übermitteln.


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